Es gibt Drohnen, die guten Content liefern – und es gibt Drohnen, die dein komplettes Verständnis von Fliegen und Filmen einmal auf links drehen. Die A1 ANTIGRAVITY gehört ganz klar zur zweiten Kategorie. In meinem Review und Testflug hat mich diese 8K-360-Drohne so sehr überrascht, dass ich sie ohne Übertreibung als eine der verrücktesten und spannendsten Drohnen bezeichnen kann, die ich bisher geflogen bin.
Warum? Weil sie nicht nur einfach eine weitere kleine A1 Drohne unter 250 Gramm ist, sondern ein komplett neues Fluggefühl liefert: 360 Grad Sicht, VR Brille, Handcontroller und eine Software, mit der du dir in der Nachbearbeitung Kamerafahrten bauen kannst, für die du mit einer klassischen FPV Drohne ein echter Profi sein müsstest.
Erster Eindruck: Sieht normal aus, fliegt aber völlig anders
Wenn du die A1 ANTIGRAVITY das erste Mal in die Hand nimmst, wirkt sie noch relativ unspektakulär. Unter 250 Gramm Gewicht, A1 zertifiziert, Klapparme, Klapprotoren – vieles kennst du von anderen Drohnen bereits. Die Unterseite ist sauber markiert, das Gehäuse wirkt solide und kompakt.
Der eigentliche Clou steckt aber nicht vorne in einer klassischen Gimbal Kamera. Die Öffnungen an der Front sind keine Optik, sondern Sensoren. Kollisionssensoren nach vorne, Kamerasensoren nach unten – wichtig für die Lageerkennung. Die eigentlichen Kameras sitzen oben und unten am Gehäuse. Zusammen liefern sie eine nahtlose 360 Grad Ansicht, ähnlich wie du es von 360 Grad Actioncams kennst, nur eben kombiniert mit einer vollwertigen Drohne in der A1 Klasse.
Lieferumfang: Drohne, VR Brille und Handcontroller
Gesteuert wird die A1 ANTIGRAVITY nicht mit einer klassischen Funke und auch nicht per Smartphone App. Im Paket liegt eine VR Brille, über die du komplett in die 360 Grad Welt der Drohne eintauchst, und ein Handcontroller, der an eine Mischung aus Carrera Bahn und FPV Steuerung erinnert.
Die Verbindung zwischen Brille und Drohne klappt unkompliziert. Einschalten, koppeln, fertig. An der Brille kannst du die Schärfe für beide Augen individuell einstellen – perfekt, wenn du unterschiedliche Dioptrien hast. Oben sitzen zwei Antennen, die für eine stabile Übertragung sorgen.
Eine Besonderheit ist der externe Akku für die Brille. Der hängt an einem Band um den Hals und wird per Kabel mit der Brille verbunden. Praktisch: Du kannst den Akku unter der Jacke tragen und so vor Kälte schützen. Weniger praktisch: Das Kabel läuft unten in die Brille und kann beim Fliegen schon mal ins Gesicht drücken. Funktioniert, ist aber aus meiner Sicht ein Punkt, an dem der Hersteller noch nachbessern könnte.
Genial gelöst: Mini Display an der Seite
Ein sehr cleveres Detail ist das seitlich integrierte Display an der Brille. Dort wird gespiegelt, was der Pilot in der VR Brille sieht. Das ist perfekt für alle, die einen Spotter, Regie oder einfach neugierige Zuschauer neben sich haben. Du brauchst keinen zweiten Monitor, kein zusätzliches Empfangsgerät – dein Spotter stellt sich einfach vor dich und sieht genau, was die Drohne gerade macht.
Steuerung: Drohne, Brille und Controller im Zusammenspiel
Die Steuerung an sich ist intuitiv, wenn du schon einmal mit modernen Drohnen oder FPV geflogen bist. Drohne und Controller werden klassisch über einen kurzen und einen langen Druck eingeschaltet, dann verbindet sich alles automatisch.
Gas gibst du am Trigger, gesteuert wird über einen Joystick und ein Drehrad – wer früher eine Carrera Bahn hatte, fühlt sich erstaunlich schnell zu Hause. Die echte Magie entsteht aber erst im Zusammenspiel von Brille, Handbewegungen und 360 Grad Sicht: Du fliegst vorwärts, kannst dich gleichzeitig frei umschauen und erlebst den Flug, als würdest du selbst im Raum schweben.
Der erste Flug: Schwerelos in 360 Grad
Beim ersten Start war das Wetter alles andere als ideal: diesig, dämmrig, kurz vor Regen. Also genau die Bedingungen, unter denen viele Drohnen so langsam an ihre Grenzen kommen. Die ANTIGRAVITY A1 hat sich davon allerdings wenig beeindrucken lassen.
Nach dem Einschalten fährt zuerst das Landegestell aus – wichtig zu wissen, wenn du die Drohne schon abgestellt hast. Mein Tipp: Akku immer in der Hand anschalten und erst danach auf das Startpad stellen, damit das Fahrwerk sich frei bewegen kann.
Sobald die Verbindung zur Brille steht, tauchst du in die 360 Grad Welt ein. Du siehst nicht nur in Flugrichtung, sondern kannst dich frei umschauen. Du erkennst deinen eigenen Standpunkt, das Auto, die Umgebung, den Himmel über dir, den Boden unter dir – alles in einem Bild. Das Gefühl liegt irgendwo zwischen klassischer FPV Erfahrung und virtuellem Rundgang.
Normaler Modus und FPV Modus
Die A1 ANTIGRAVITY bietet zwei Flugmodi:
- Standardmodus – stabilisiert, mit Kollisionssensoren und eher ruhigem Verhalten, ideal für den Einstieg.
- FPV Modus – deutlich direkter, agiler und mit starkem Geschwindigkeitsgefühl, wenn du dich ein wenig eingewöhnt hast.
Besonders im FPV Modus kommt dieses Gefühl von Schwerelosigkeit so richtig durch. Du fliegst über Teiche, zwischen Bäumen hindurch, schaust nach unten aufs Wasser und drehst dich frei in der Luft. Wer Höhen nicht so gut abkann, wird beim ersten Blick nach unten definitiv merken, wie intensiv VR Fliegen sein kann.
Die Kollisionssensoren arbeiten dabei im Hintergrund und warnen sehr deutlich, wenn du Bäumen, Häusern oder anderen Hindernissen zu nahe kommst. Die Drohne stoppt rechtzeitig und verhindert so die meisten kritischen Situationen – zumindest, solange du es nicht bewusst darauf anlegst.
8K 360 Grad: Was taugt die Bildqualität wirklich?
Die A1 ANTIGRAVITY wirbt mit 8K 30fps. Wichtig ist dabei: Die Auflösung wird auf das komplette 360 Grad Bild verteilt, nicht auf einen klassischen flachen Bildausschnitt. Trotzdem liefert die Drohne erstaunlich scharfe Ergebnisse, gerade wenn man berücksichtigt, dass ich im Test bei wenig Licht und eher grauem Himmel unterwegs war.
In der mitgelieferten Software importierst du deine Flugclips und kannst dann genau das tun, was diese Drohne so besonders macht: Du definierst im Nachhinein, wohin die Kamera schaut. Du kannst dich im Video frei umsehen, Kamerafahrten planen, Übergänge setzen und sogar kleine Little Planet Effekte erstellen.
Keyframes und Deep Tracking
Richtig spannend wird es mit den Keyframes und der Deep Tracking Funktion. Du setzt Blickrichtungen als Keyframes und die Software baut daraus weiche Bewegungen: zum Beispiel einen eleganten Turn um ein Haus oder einen Vorbeiflug über einen See mit anschließender Drehung nach hinten.
Was du sonst als FPV Pilot aktiv fliegen müsstest, erledigt hier die Software. Markierst du ein Objekt, übernimmt Deep Tracking den Job und hält es automatisch im Zentrum. So lassen sich im Nachhinein Shots kreieren, für die du in der Luft sehr viel mehr Übung bräuchtest.
Feintuning: Farbe, Kontrast und Flugdaten
Die Software bietet außerdem:
- Grundlegende Bildanpassungen wie Highlights, Schatten, Kontrast und Sättigung
- AI Stitching, um Übergänge zwischen den beiden Linsen sauber zu berechnen
- Einblendbare Overlays mit Flugdaten wie Geschwindigkeit, Höhe und Distanz
Gerade bei meinem Testflug im Dämmerlicht war sichtbar, dass der ISO teilweise nach oben geht und ein wenig Rauschen entsteht. Für diese Lichtbedingungen haben mich die Ergebnisse trotzdem überzeugt – und ich bin sehr gespannt, was bei gutem Licht und epischen Landschaften wie auf Madeira oder in Namibia möglich ist.
Kritikpunkte: Kabel, Akku und Landegestell
So viel Begeisterung, wie die A1 ANTIGRAVITY ausgelöst hat – ein paar Punkte sind mir trotzdem aufgefallen, die ich kritisch sehe:
- Kabelführung an der Brille: Der Stromanschluss sitzt unten an der Brille. Das Kabel kann beim Fliegen ins Gesicht oder an die Wange drücken. Eine Führung nach oben oder hinten wäre deutlich angenehmer.
- Externer Akku: Der Brustakku funktioniert, wirkt aber etwas improvisiert. Eine elegante Lösung im Kopfband der Brille würde das System runder machen.
- Landegestell: Das Fahrwerk fährt beim Einschalten automatisch aus. Wenn die Drohne bereits auf dem Boden steht, kann das mechanisch auf Dauer problematisch werden. Besser: Akku in der Hand einschalten und die Drohne erst danach abstellen.
Das sind keine Showstopper, aber Punkte, die man vor dem Kauf wissen sollte – und bei denen ich hoffe, dass zukünftige Versionen noch etwas nachgebessert werden.
Für wen ist die A1 ANTIGRAVITY geeignet?
Die A1 ANTIGRAVITY ist keine klassische Einsteiger Drohne für den allerersten Flug, aber auch kein reines FPV Profi Spielzeug. Sie liegt genau dazwischen und spricht alle an, die:
- schon erste Drohnenerfahrung haben und etwas völlig Neues ausprobieren wollen
- 8K 360 Grad Material für kreative Projekte, Social Media oder YouTube nutzen möchten
- in der Nachbearbeitung gerne mit Perspektiven spielen und Shots bauen, die mit einer normalen Drohne kaum möglich sind
- das Gefühl von FPV Fliegen mögen, aber die Sicherheit von Sensoren und Stabilisierung schätzen
Besonders spannend ist die Drohne für alle, die Landschaften, Städte oder besondere Locations dokumentieren und sich die Freiheit wünschen, später im Schnitt zu entscheiden, wohin die Kamera eigentlich schaut.
Fazit: Schwerelos in der Luft – und maximal flexibel im Schnitt
Für mich war der erste Flug mit der A1 ANTIGRAVITY eine Mischung aus Staunen, Adrenalin und ganz viel Spaß. Die Kombination aus 8K 360 Grad, VR Brille, Handcontroller und cleverer Software hebt das Thema Drohne auf ein neues Level.
Du fliegst einen einzigen Weg, kannst dir danach aber Dutzende unterschiedliche Perspektiven, Kamerafahrten und Blickrichtungen aus demselben Clip bauen. Genau das ist der große Mehrwert: Du musst nicht perfekt fliegen, um perfekte Flugshots zu bekommen. Du brauchst nur gute Ideen und ein bisschen Zeit im Schnitt.
Schwerelos in der Luft, 360 Grad im Blick und jede Menge Möglichkeiten in der Nachbearbeitung – genau das macht die A1 ANTIGRAVITY für mich so spannend.